Nebenbei Terrorist
Sebastian nimmt in Münster ein Studium auf. Um Anschluss zu finden, bezieht er trotz einiger Skepsis ein Zimmer in einer Burschenschaft. Er ist Außenseiter, hat keine Freunde und erst recht keine Freundin. In seinem Kopf quält ihn immer wieder das Bild eines verhungernden afrikanischen Kindes. In der Burschenschaft stößt er damit auf Unverständnis, gerät schon bald mit Georg aneinander, der politisch weit rechts steht und Sebastian verhöhnt.
Einige Jahre später arbeitet Sebastian als Steuerberater in Frankfurt und beginnt, sich politisch zu engagieren. Sein Leben scheint sich zum Guten zu wenden, denn er verliebt sich in Maren, mit der er bei GlobalPeace für eine Welt ohne Hunger kämpft. Zur gleichen Zeit trifft er erneut auf Georg, der inzwischen als Fondsmanager einer Großbank mit dem Hunger in der Welt Geld verdient. Nach einer Intrige scheidet Sebastian bei GlobalPeace aus, isoliert sich immer mehr und leidet zunehmend unter der fehlenden Empathie seiner Mitmenschen. Spätestens jetzt ist es aus seiner Sicht an der Zeit, ein Zeichen zu setzen, das niemand übersehen kann.
Harald Gesterkamp: Nebenbei Terrorist.
Roman. Renneritz Verlag, Sandersdorf-Brehna 2022.
322 Seiten. 16 Euro. ISBN: 978-3-940684-34-9.
Stroke Unit/Besuch in Breslau
Tobias sitzt auf dem Sofa, als er plötzlich nicht mehr mitbekommt, was um ihn herum passiert. Als er wieder halbwegs klar denken kann, befindet er sich auf der Intensivstation. Schlaganfall – was für ein schreckliches Wort, denkt er, und fühlt sich viel zu jung dafür. Doch in der Stroke Unit erlebt er auch skurrile Dinge, über die er lachen kann und die ihm helfen, optimistisch nach vorn zu schauen.
Beim „Besuch in Breslau“ werden Erinnerungen an den 11. März 1933 wach, als die SA das Landgericht der schlesischen Stadt stürmte, um die jüdischen Richter vom Dienst zu entfernen. Doch die Mehrheit der Richter war damit nicht einverstanden und beschloss, alle Prozesse abzusagen und die Justiz zu blockieren.
In den beiden Erzählungen werden auf eindringliche und empathische Weise prägende und existenzielle Erlebnisse zweier Menschen geschildert.
Harald Gesterkamp: Stroke Unit/Besuch in Breslau.
Zwei Erzählungen. Verlag Tredition, Hamburg 2021.
76 Seiten. 10 Euro. ISBN: 978-3-347-40291-1
Rückkehr nach Schapdetten
Ein Mann kehrt nach Jahren in sein westfälisches Heimatdorf zurück und steuert dort auf eine unheimliche Begegnung zu; ein Neo-Dadaist versetzt Bonn in einen Kunsttaumel, den er selbst nicht gutheißt; einem selbstverliebten Besucher eines Wellness-Hotels verpasst ein anderer Gast eine extrem heiße Sauna; zu Weihnachten kramt ein Familienvater seine alte Sex-Pistols-CD heraus; und ein gehörnter Mann will seinen Nebenbuhler mit Hilfe seines Chemiebaukastens zur Strecke bringen.
Im Band „Rückkehr nach Schapdetten“ werden in 20 Stories bizarre Charaktere geschildert, denen man nicht unbedingt begegnen möchte. Erzählt wird Alltäglich-Abseitiges, das eine unerwartete Wendung nimmt und manchmal tödlich endet.
Harald Gesterkamp: Rückkehr nach Schapdetten.
20 Stories, Kid Verlag Bonn 2019.
162 Seiten. 14,80 Euro. ISBN: 978-3-947759-31-6
Humboldtstraße Zwei
Das Schicksal einer deutschen Familie zwischen 1934 und 2014: Erich Plackwitz ist in den Dreißiger Jahren als Richter am Amtsgericht in Jauer, einer Kleinstadt in Schlesien, tätig. Er verachtet Hitler und den Nationalsozialismus, dennoch muss er hilflos zusehen, wie sich Deutschland vom Rechtsstaat immer mehr zum Unrechtsstaat entwickelt.
Seine Tochter Elise liebt ihr Elternhaus in der Humboldtstraße Nr. 2, doch muss sie es nach Schule, Studium und Flakhelferinneneinsatz aufgeben. Nach dem Krieg fasst sie in Westdeutschland Fuß, macht eine Ausbildung, heiratet und gründet eine Familie. Doch die Sehnsucht nach Schlesien brodelt weiter in ihr. Ihr Sohn Andreas kann das nicht nachvollziehen. Erst als seine Mutter alt ist und mit einer tödlichen Krebsdiagnose konfrontiert wird, beginnt er sich für ihre Lebensgeschichte zu interessieren. Ein altes Kriegstagebuch der Mutter hilft dabei. Zugleich verspürt er manchmal Ängste, die er sich nicht erklären kann.
Harald Gesterkamp, Humboldtstraße Zwei.
Roman. Tredition, Hamburg 2016.
468 Seiten. 19,99 Euro. ISBN: 978-3-7345-3658-8
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